Malerei einfach nur als Hobby, mit ein bisschen Kunstbetätigung zur Ablenkung in der Freizeit? Oder Malerei nur zur reinen Selbstdarstellung
- den Betrachter beeindrucken und seinen Blick für ein paar Sekunden fesseln, je nach Geschmacksempfinden? Oder ganz pragmatisch:
Kunst als eine Art Gebrauchsgegenstand für das Auge, damit dieses nicht so sehr über leere Flächen schweifen muss?
Dafür wäre der für meine Bilder getriebene Aufwand wohl doch etwas exzessiv. Zunächst einmal ist da die Baustelle "Stil und Ästhetik". In der
Vergangenheit gab es einen klaren und allgemeinen Konsens darüber, was man als "schön" empfand und was im Gegensatz dazu stand. Und es gab Ornamente: man konnte
Flächen verzieren. Da unser Geschmack adaptiv und somit in gewissen Grenzen relativ ist, war das Schönheitsempfinden natürlich im
Laufe der Zeit einem Wandel unterworfen, was man an den verschiedenen Epochen und Stilen der Kunstgeschichte ablesen kann.
Heute scheint ein solcher Konsens überhaupt nicht mehr zu existieren, wenn man einmal vom eher funktionalen Design
von Alltagsgegenständen mit wechselnden "Stilrichtungen" absieht: Bestimmte Autos beispielsweise kann man als schön empfinden, wenn man erst einmal auf
den Geschmack gekommen ist. In der Malerei hingegen hat sich der Geschmack wohl derart aufgespalten, dass jedes Individuum, jeder Maler oder
sogar jedes Werk seinem eigenen, individuellen Stil folgen muss, um etwas darstellen zu können. Als Konsequenz wird nun ein Großteil der schöpferischen
Energie verbraucht, indem jedesmal eine eigene Ästhetik erfunden werden muss. Und wie will man dann die Qualität eines Kunstwerkes beurteilen,
wenn es keinen Maßstab gibt? Letztlich zählt heute nur noch der Name des Künstlers, nicht das Werk selbst. Aber muss denn ein Kunstwerk überhaupt
irgendwie "schön" sein? Ein Schönheitsempfinden könnte man ja auch als Stimulation des körpereigenen Belohnungssystems interpretieren. Ein Fall für Hirnforscher,
nicht für Künstler. Ende der Kunst.
Das wäre dann die vollständige Desillusionierung. Kein Wunder, dass die Meinungen über zeitgenössische Kunst so weit auseinander gehen. Die Moderne hat
das sehr konsequent bis zum Ende durchgespielt. In letzter Konsequenz keine Perspektive, keine Gegenständlichkeit, keine Stimmung, kein Gefühl, kein Inhalt,
der zu vermitteln wäre. Und so etwas wie der Honigschlecker nebenan ist doch wohl reiner Kitsch! Und wozu braucht man heute noch traditionelle Malerei,
wenn es alle erdenklichen Medien und Ausdrucksmöglichkeiten gibt? Also Kunst 4.0 in Angriff nehmen, selbst verständlich als App, digital, interaktiv...
Verlaufen wir uns da nicht ein bisschen in einem Irrgarten von Möglichkeiten, von Beliebigkeiten? Zugegeben, auch das kann natürlich seinen Reiz haben.
Vielleicht jedoch hat eine Beschränkung auf bestimmte Ausdrucksformen doch ihre Vorzüge. Und zudem: wenn Kunst in irgendeiner Form das wiedergeben soll, was auf
uns einwirkt und uns beschäftigt, wird sie eben doch gegenständlich sein. Völlig egal wie unser Gehirn nun funktioniert - zuviel Desillusionierung macht
einfach keinen Spaß! Kunst sollte wieder etwas menschlicher werden, und dazu muss sie sich wieder mit Begriffen wie Stil, Schönheit und Ästhetik
auseinandersetzen. Gerade deshalb meine Bewunderung für die Alten Meister, was letztlich zu den Bildern in "klassische Szenen" geführt hat - hier ist die Welt
noch in Ordnung, es gibt eine über Jahrhunderte fortentwickelte Tradition und klare Stilvorstellungen. Natürlich gibt es auch (Um-) Brüche in der Tradition -
diese sind aber nur als Innovation wahrnehmbar, wenn "Bruch" nicht zum Dauerzustand geworden ist.
Eine Nachahmung vergangener Epochen sollte aber nicht das Ziel von Kunst sein. Daher der Versuch in meinen Bildern, Stimmungen und Eindrücke aus Wissenschaft und Technik
wiederzugeben: Marslandschaften, Maschinenelemente, Schaltungslayouts, Prüfstände. Wenn man daraus z.B. schaltungslayoutähnlichen Ornamente entwickelt, hätte man
wieder eine (zeitgemäße?) Möglichkeit, zu verzieren, und zwar so, dass es irgendwie "schön" aussieht. Man könnte wieder ein bischen Honig schlecken. Oder?